Louisiana Christmas Day
Hallo, ich bin’s wieder, Lotti aus Louisiana.
Entschuldigung, dass ich mich nicht früher gemeldet habe, aber die letzten Wochen waren vollgestopft mit Thanksgiving Essen, Footballspielen, Basketballspielen, Midterms, Sweetheart court elections, Haus dekorieren, Geschenke einkaufen und verpacken und natürlich unzähligen Weihnachtsfeiern. Mit so vielen Ereignissen und wenig Zeit zum Ausruhen wollte erstmal nicht so richtig Weihnachtsstimmung aufkommen, erst recht nicht ohne Schnee.
 
Trotzdem war es mal wieder ein unvergesslicher Monat mit vielen neuen Erfahrungen und viel Essen, dass sich nun doch auf meinen Rippen bemerkbar macht.
 
Aber beginnen wir mit Thanksgiving. Thanksgiving ist in den USA und Kanada ein nationaler Feiertag, an dem sich die Familie trifft, um gemeinsam zu essen. Ursprünglich ist es eine Art Erntedankfest, an dem die Amerikaner Gott für die Ernte danken. In den USA wird dieser Tag jedes Jahr am vierten Donnerstag im November begangen. Das ist aber erst seit Dezember 1941 so, als Franklin D. Roosevelt den Feiertag aus oekonomischen Gruenden auf dieses Datum verlegte.
Meine Gastfamilie und ich feierten Thanksgiving 3 mal. Bevor Thanksgiving besuchten wir die Grossmutter meiner Gastmutter Ashley, und aßen dort zu Abend. Typisches Thanksgiving Essen ist Truthahn, Schinken, Dressing (eine art Huehnchenauflauf), gekochte Eier mit Senf Füllung, Brötchen, eine Vielzahl an reichhaltigen Salaten…. Nachdem sich jeder satt gegessen hat, gibt es dann noch Pekannuss Kuchen, dicken Schokoladenkuchen….
An  Thanksgiving fuhren wir dann zur Thanksgiving Feier vom reichen Großvater meines Gastvaters, das dann aber sehr unpersönlich war. Jeder saß in seiner eigenen Ecke und ass, ich war froh als wir (Casey, mein Gastvater, Ava und ihre beiden Cousins und ich) schließlich mit dem Golfcart durch das riesige Jagdgebiet fuhren, das Casey’s Großvater gehört.
Allgemein wollte meine Gastfamilie nicht so richtig zu dieser Feier fahren, da Casey’s Großvater so rassistisch ist und Schwarze als minderwertig ansieht. Das war der Grund aus dem sie Markell, einen schwarzen Jungen aus Monroe, der wie ein Sohn für sie ist, nicht zur Feier mitnehmen konnten.
Rassismus ist keine Seltenheit hier, im Süden der USA. Insbesondere Louisiana ist als der Sitz der Rassisten, insbesondere der Rednecks und des KKK(Ku Klux Klan) verschrien. Redneck ist ein umgangssprachlicher, abwertender Begriff für einen armen, weißen Mann, der im Süden der USA lebt und rassistisch. Manche sagen, dass das Wort Redneck vom roten Nacken, den die weissen Männer bekommen wenn sie den ganzen Tag in der Sonne arbeiten, kommt.
Doch während die Wörter Redneck und KKK vor allem weissen Rassismus propagieren, gibt es nach Meinung der hier lebenden Amerikaner auch schwarzen. Nicht wenige erzählten mir vom schwarzen Bürgermeister in Monroe, der Schwarze bevorzugt und Weisse benachteiligt.
Ich kann nicht genau sagen was wahr und was falsch ist an diesen Gerüchten. Doch was diese Gerüchte zeigen, ist dass es selbst nach fast 50 Jahren nach dem Ende der Bürgerrechtsbewegung in den USA, immer noch große Vorurteile und soziale, kulturelle und politische Unterschiede zwischen beiden Gruppen gibt.
Selbst in den Schulen ist das sichtbar. Ich bin in einer Schule, die als “weiss’ eingestuft ist. Das heisst, dass hier vor allem Weisse zur Schule gehen. Schwarze, die nicht in diesem Schulbezirk wohnen und folglich eigentlich nicht auf meine Schule gehen dürfen, aber auf meine Schule gehen wollen, haben die Erlaubnis das zu tun. Mit diesem Vorgehen versucht man hier eine Balance zu schaffen zwischen weiss und schwarz und Minderheiten zu vermeiden. In meiner Schule machen schwarze Schüler ungefähr einen Drittel aller Schüler aus. Alle reden miteinander im Unterricht und Sportteam - aber trotzdem: wenn wir uns morgens in der Turnhalle der Schule versammeln oder nach dem Mittagessen im Schulhof stehen: die Weißen stehen in ihren Grüppchen und die Schwarzen stehen in ihren Grüppchen. Kaum einer von der jeweiligen Gruppe steht bei der anderen. Ich denke, dass rührt einfach daher, dass sich beide für ganz unterschiedliche Themen interessieren (Weisse: Waffen und Jagen, Countrymusik/ Schwarze: Boxen, Rap,Basketball), einen unterschiedlichen sozialen Hintergrund(Weisse sind oft reich, Schwarze sind oft arm und haben schlimme familiäre Bedingungen) haben und allgemein teilweise eine ganz gegensätzliche Sicht auf politische(Trump-Hillary) und kulturelle Themen haben. Ich selbst habe Freunde aus beiden Gruppen und sehe das ganz deutlich.  Natürlich reden Schwarze(starker Slang, viele Slangwörter, schnelles Reden) und Weisse sehr unterschiedlich, aber auch das Verhalten ist anders. Während schwarze oft ziemlich laut sind und einfach mal los tanzen, wenn jemand Musik einschaltet, sind viele Weisse oft zurückhaltender, steifer. Im normalen Unterricht verhalten sich die meisten aber ähnlich, wobei schwarze Schüler oft sehr viel respektvoller sind, als weisse.
Soweit, so gut. Das soziale Nebeneinander funktioniert ganz gut, solange es keine engeren Kontakte gibt. Hat aber ein weisses Mädchen einen schwarzen Freund oder umgekehrt, dann redet die ganze Schule darüber. Besonders in einer so kleinen und ländlichen wie Mangham. Das ist in meiner Zeit hier passiert und einige weiße Mädchen in meinem Softball team waren tatsächlich der Meinung, dass sich sowas nicht gehört und es verboten werden sollte.
Doch diese Unterschiede, diese Vielfalt in der Schule machen den Alltag umso spannender und interessanter für mich.   So, nun aber zurück zu Thanksgiving.             
Am Abend von Thanksgiving fuhren wir dann nach Hause, um unser drittes eigenes Thanksgiving dinner zuzubereiten. Das gefiel mir persönlich am besten, da alle zusammen kochten und danach an einem Tisch saßen, redeten und aßen und es ein richtiges Familienessen war. Wir saßen zusammen bis spät in die Nacht. Andere warteten da schon längst in einer der riesigen Schlangen  vor Supermärkten wie Walmart oder anderen Geschäften- denn es war BLACK FRIDAY!!!! An Black Friday sind alle Waren stark reduziert erhältlich. Die meisten nehmen das wahr, um alle Weihnachtsgeschenke einzukaufen. Und ja, es sind die MEISTEN und das resultiert in wahnsinnig überfüllten Räumen und Chaos, dem Verlust von Kontrolle über alles. An diesem Tag sterben viele Menschen in Supermärkten im Kampf um die besten Artikel -kein Scherz. Während ich also zu Hause saß und die meisten meiner Geschenke schon eingekauft hatte, stürzten sich einige meiner Freunde in den Kampf. Sie hatten sich schon Pläne gemacht, wann sie wo, was einkaufen würden. Eine Freundin musste um das Spiel, das sie ihrem kleinen Bruder kaufen wollte, mit einer anderen Frau kämpfen, indem beide gleichzeitig an dem Spiel zerrten, bis der Stärkere gewann. Meine Gastfamilie wollte sich das nicht antun und blieb einfach zu Hause.

Auf Thanksgiving und Black Friday folgte das Ende der Highschool Football Season. Glücklicherweise hatte es das Team von der riesigen West Monroe High School nach 4 Jahren endlich mal wieder ins Endspiel geschafft. In der Folge fuhren wir natuerlich Anfang Dezember zum Superdome in New Orleans. An diesem Wochenende spielten die besten Highschools jedes Levels gegeneinander. Westmonroe ist im Level 5A, was bedeutet dass es eine der größten Schulen im Turnier war. Sie spielten gegen Landry-Walker, eine vollkommen schwarzen Schule, die sich fast neben dem Superdome in New Orleans befindet und den besten Runningback in den Vereinigten Staaten hat, auf Highschoolnivaeu. Alle Spiele wurden im nationalen Fernsehen von Louisiana übertragen und professionell kommentiert. Ich genoss meine Erfahrung im grossen Mercedes-Benz-Superdome (rund 76 500 Sitze). Leider verlor West Monroe haushoch und die meisten Fans verließen das Stadion lange bevor das Spiel zu Ende war. Am nächsten Tag besichtigten Casey, Ashley und Ava dann mit mir die Stadt, nahe der sie für viele Jahre gelebt hatten, bevor sie ins 5 Stunden entfernte Alto zogen.
Wir starteten am Ufer des riesigen, schmutzigen Mississippi, um dann einen Ausflug ins berühmte Cafe du Monde zu machen und dann zum historischen Teil von New Orleans zu wandern. Während wir durch die Stadt liefen, konnte ich das Flair des großen Kulturellen Mixes geniessen, das diese Stadt hat und das an eine Mischung aus Florida und New York erinnert. Mein Gastvater, der schon einige Male in New York gewesen war, sagte, New Orleans sei wie New York, nur mit Palmen Bäumen. Als ich dann aber die teilweise immer noch immensen Schäden an Häusern und Straßen sah, die immer noch vom Hurricane Katrina und der Überflutung des riesigen Stausees Lake Pontchartrain im Jahre 2005 herrühren, korrigierte er seine Aussage ein bisschen. Die Stadt hat sich immer noch nicht von diesem Ereignis erholt, weder die Infrastruktur noch die Wirtschaft. Viele sehen gar keinen Sinn mehr darin, in diese Stadt, die unter dem Meeresspiegel liegt und extrem Hurrikan gefährdet ist, zu investieren.
Meiner Meinung nach ist das verständlich, aber auch sehr schade, da New Orleans einen wahnsinnig attraktiven Altstadtkern hat, mit Hunderten von Straßenkünstlern im Jackson-Square, French Market oder natürlich im Sündenpfuhl von New Orleans, Bourbon Street, mit unzähligen Restaurants, aber auch Strip bars und Bordellen.
Ich kann es nur empfehlen diese Stadt zu besuchen- New Orleans ist nicht ohne Grund der beliebteste Drehort von Hollywood in den Vereinigten Staaten.
 
Nach diesem Wochenende begann dann die Basketballsaison. Das Schulteam hat bis zu 4 Spiele die Woche, auch während der Weihnachtsferien. Als Mitglied des Sweetheart Courts (ähnlich wie Homecoming Court, nur das hier nicht die Klassenstufe sondern jeder Schulclub das beliebteste Mädchen in die Versammlung wählt)bin ich verpflichtet zu jedem Heimspiel zu gehen und die Schule zu repräsentieren. Basketball Spiele sind mir fast lieber als Footballspiele, da sie einfach mit größerer Spiel Schnelligkeit aufwarten. Trotzdem - Football ist der wichtigste Sport hier, mit Abstand gefolgt von Baseball. Dann kommt Basketball. In dieser Reihenfolge werden die Schulteams auch mit Geldern bedacht. Die Basketballspiele der High Schools werden nicht im Fernsehen übertragen, sind aber immer gut besucht.

Mit der Basketballsaison startete auch die Weihnachtszeit richtig. Meine Gastmutter dekorierte zusammen mit mir das ganze Haus mit Lichtern, aber so, dass es immer noch gut aussieht und nicht kitschig-amerikanisch. Das hatten einige der Nachbarn getan. Mit überlebensgroßen, leuchtenden Kitty-cats und Eifeltürmen in ihren Vordergärten.
Neben dem Dekorieren, spielten auch Weihnachtsfeiern eine grosse Rolle und natürlich deben Santa, die Elfen. In Amerika gibt es seit wenigen Jahren den Brauch der Weihnachtselfen, die Santa Claus hefen die Geschenke zu verteilen. Jedes Kind hat einen. Meine kleine Schwester hat Elsie. Sie passt auf, ob Ava sich gut benimmt und nett zu ihren Eltern und ihrer Schwester ist. Das ist eine ziemlich gute Erfindung: wenn sich die kleine Schwester nicht benimmt,musste ich nur den Elf erwähnen und alles war mucksmäuschenstill und wurde genauso gemacht wie ich es wollte :)
Aber auch trotz Weihnachtsbeleuchtung und Weihnachtsfeiern wollte dieses Jahr irgendwie keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Ich hatte viel Stress mit all den Halbjahres Prüfungen, Midterms genannt und musste ein 12 seitiges Essay über Frankenstein schreiben. Das war aber nicht der einzige Grund. Fuer mich gehoert einfach Schnee zu Weihnachten dazu. Und davon kann ich hier nur träumen. Ich hätte  dieses Jahr in Shorts und T-Shirt herumlaufen können, wenn ich es gewollt hätte und hätte nicht gefroren.
Und natürlich vermisste ich das Jonsdorfer Krippenspiel am Heiligabend, was meine Gastmutter dazu veranlasste mich nach der Weihnachtsfeier in dem Haus von Casey’s Großvater zu einem Mitternachts-Gottesdienst einer traditionellen katholischen Kirche in Monroe zu nehem. Dort gab es zwar kein Krippenspiel, war aber trotzdem ein bisschen wie ein Gottesdienst in Deutschland. Und es war lustig, da meine Gastmutter aus Unwissenheit während der heiligen Kommunion in die Schale mit den geheiligten Hostien griff und der Priester ihre Hand herausnahm und ihr bedeutete wegzugehen. Wir kamen schliesslich 2.30 Uhr morgens nach Hause, nur um um 6 Uhr wieder aufzustehen und Geschenke auszupacken. Ich war sehr müde, wurde aber nachdem mich meine kleine Schwester aufgeweckt hatte, ein bisschen aufgeregt, darüber was alle zu meinen Geschenken fuer sie sagen würden. Glücklicherweise liebte jeder sein Geschenk und schliesslich wurde auch ich überrascht mit einem einwöchigen Trip mit der gesamten Familie nach Orlando in Florida zu den Universal Studios. :)
Das bedeutet für mich das der nächste Monat sehr, sehr ereignisreich werden und mein nächster Bericht wahrscheinlich erst im Februar kommen wird, da ich wenn ich aus Florida zurückkomme fuer eine Woche mit einem Stipendium nach Washington fliegen werde, um an einem Workshop teilzunehmen. Ich freue mich schon darauf, euch davon berichten zu können und bitte euch mal wieder mir möglichst viele Anregungen und Fragen zuzuschicken, auf was ich im nächsten Monat achten oder in Erfahrung bringen und dann in meinen Bericht schreiben kann.
 
Einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht euch eure Lotti!

 

Polizeisportverein Zittau e.V. Abteilung Ski